Chiemsee ’12 bl.Band


Schwere und nervenzerreibende Bedingungen am See mischten die Segler ordentlich durch

blauesband2012 0006_m2_liese_gutjahr
Giganten unter sich: Links Friedl Liese, die letzten zwei Jahrzehnte wohl schnellstes Schiff am Chiemsee,
Rolf Hufnagl (derzeit wohl erfolgreichster Rekordjäger Zentraleuropas) und der um Welten kleinere Kat von
Rainer Gutjahr (rechts) treffen sich an der Bahnmarke in Feldwies. Foto: Blum

„Nerven behalten, Nerven behalten“ hieß es fast auf jedem der 109 Schiffe die ganze Wettfahrt lang. Um 11 Uhr vor dem Chiemsee Yacht Club gestartet, wurden die Teilnehmer am Blauen Band schnell vom Wind verlassen. Zwar schoß der Riesen-Katamaran des Siegers Rolf Hufnagl am Anfang und im Ziel mit vielfacher Geschwindigkeit davon, aber oft in die sich schwermächtig ausbreitende Flaute. In jeder Klasse hatten Chiemsee-Spezialisten auch auf unterlegenen Booten ihre Chancen.

Einen Start mit 109 Booten, Boardwand an Boardwand, Spi an Spi – ein „Sprint“ zur ersten Tonne, ein wahrer Massenstart, bei dem es um alles geht – das ist der Start direkt am Hafen des Chiemsee Yacht Club in Prien. Doch schon in Felden verließ der Wind das Feld. Es teilte sich in die, die an der Herreninsel bis zur Fraueninsel ihr Glück suchten, und in die, die sich am Südufer entlang schlängelten. „Nordwind angesagt“, „Bergwind dagegen“, „vielleicht doch einsetzender Ostwind“?

Die Gedanken kreisten mehrmals jeden harten Meter, den es viel zu zäh vorwärts ging. Die vielen unterschiedlichen Wege, die nach Feldwies führten (manche erreichten diese Boje erst nach sechs Stunden) bargen riesen Chancen und gleichermaßen größtes Risiko, die Regatta schon hier gänzlich zu verlieren. So sah man sieggewohnte – und sogar ein paar der schnellsten Boote vom See – als einige der Letzten in Feldwies.

Wettfahrtleiter Volkmar Stecher hatte keine Chance und musste sich sehr früh entscheiden, den Kurs abzukürzen, um den Teilnehmern den weiten Weg nach Seebruck zu ersparen. Trotzdem erreichten viele nicht das Ziel, kamen durch eine exakte Bojenwertung aber gut und fair in das Gesamtergebnis.

Rolf Hufnagl, Sieger des letzten Jahres, tourte seither auf Rekordjagd durch Europa. Mit einem Sieg bei der derzeit größten Regatta am Balaton kann man seinen M2-Ventilo Riesenkat vielleicht sogar als schnellstes Schiff Europas bezeichnen. Gerade erhöhte er nochmals sein Rigg und lud das derzeit im Tornado weit voraus segelnde Team Veit Hemmeter und Nico Lutz zu sich auf die Rennmaschine. Dagegen hätten Friedl Liese und Rainer Gutjahr, die das letzte Jahrzehnt am Chiemsee dominierten, chancenlos aussehen müssen. Durch die vielen Flautenlöcher und Windspezialitäten hatte jedoch sogar der kleine Einmann-Cat von Gutjahr die Nase mehrmals vorne. Beinahe sogar noch einmal im Ziel, als Hemmeter in einem Südwindfächer vor Prien gefangen war und Gutjahr bis auf wenige hundert Meter heran kam.

Im riesigen Feld gingen die Teilnehmer in vielen Reihen nebeneinander und in komplett ungekannter Weise um die Boje in Feldwies und zum Schluß ins Ziel. Es war der Tag, an dem jeder die Besten seiner Klasse abhängen konnte. Auf dem „Reach“ nach Schalchen konnte man sich durch die (freilich nicht erkennbaren) Windlöcher durchschlängeln. Zwischen den Inseln konnte man bei Zeiten geniale Schläge setzen und vor dem Ziel am Westufer, mit ein wenig Erfahrung und Nerven, mehrere hundert Meter herausholen.

So machte es der bei der Siegerehrung völlig überraschte Gerhard Inninger mit dem ehemaligen Chiemseemeisterschafts-Sieger Walter Nicklas an Board. Schon Feldwies passierte er mit stundenlangem Vorsprung vor manchen Konkurrenten. Bernhard Tripp, bei den Jokern, setzte sich im Kanal an die Spitze, Peter Wernsdörfer mit seiner 20er Rennjolle behielt die Speedgruppe nach gesegelter sowie nach berechneter Zeit hinter sich.

Für die Chiemseemeisterschaft beschert die zweite Wettfahrt ein sicher spannendes Jahr. Um nach vorne zu kommen, brauchen fast alle Sieganwärter nun jetzt schon ihren „Streicher“, den es jedoch erst nach fünf Wettfahrten geben wird. „Alles offen“ heißt es schon jetzt bis zur letzten Wettfahrt in Breitbrunn.

Ergebnisse:

Blaues Band nach gesegelter Zeit: Veit Hemmeter/ Rolf Hufnagl/ Nico Lutz/ Philipp Fangenberg – Yachtclub St. Heinrich/ Starnberger See (Laufzeit 4h, 3min, 9sek, Vorsprung 5min, 50sek.)

Quelle: cyc-prien.de